Dr. Kressensteins Ranking: Platz 13

 Dr. Kressensteins Ranking: Platz 13

In dem letzten Artikel habe ich es euch bereits angekündigt, heute kommt meine erste Meinung. Wie ich die einzelnen Spiele unterscheide und welches Game einen eigenen Platz bekommt und welche zusammengefasst werden, könnt ihr hier nocheinmal nachlesen. Heute möchte ich euch meinen persönlichen Platz 13 vorstellen. Dabei möchte ich noch einmal daran erinnern, dass es hier um eine persönliche Meinung geht. Auch wenn ich versuche, sie mit Fakten (und Bauchgefühl) darzulegen, hat jeder das Recht, diese Fakten anders zu gewichten und eine andere Meinung zu haben. Und nun los:

Platz 13: Schwarz/Weiß (SW)

Auf meinen persönlich letzten Platz liegen die Editionen Pokémon Schwarz und Weiß. Natürlich hat SW einiges gutes zu bieten, und es ist ein Spiel, welches ich durchaus gespielt hab und Freude daran hatte. Nur als ich letztens meine ganze Sammlung durchgegangen bin, um zu überlegen, welches Abenteuer ich nocheinmal erleben will, viel mein Blick auf diese beiden Spiele und sofort dachte ich: „Och nee“. Und mir ist aufgefallen, dass es auch die Spiele sind, die ich am wenigsten oft gespielt hatte.

Dabei ist die ursprüngliche Idee der Spiele erstmal etwas sehr positives. Mit SW wollte man das Gefühl der ersten Generation nochmal erleben lassen. Es wurde so wenig wie möglich vorab vorgestellt, anders als bei den anderen Generationen, und es gab so viele neue Pokémon wie noch nie. Man sollte erneut das Gefühl bekommen, durch die Region zu reisen und alles neu zu entdecken.

Man sollte Pokémon sehen, die man nicht über einen Spoiler schon kannte und sich erneut fragen „Was ist das wohl für ein Pokémon? Wie ist sein Typ? Was kann es?“. Und so sehr man dies auch versucht hat, hat man in vielen anderen Punkten stark nachgelassen.

Wenn wir bei den Pokémon schon sind, so gibt es einzelne Schmuckstücke, die durchaus gut gelungen sind. Ein Voltula als Käfer/Elektro ist etwas, was das Gameplay nicht nur in der einzigartigen Typenkombination (ich liebe einzigartige und neue Kombinationen) gebraucht hat, sondern es war auch vom Aufbau, der Idee und allem Drum und Dran ein gut gelungenes Pokémon. Davon gibt es in SW aber meines Erachtens nur sehr wenige. Sehr viele Pokémon empfinde ich als einfach sehr schlecht designt und von ihrer Ästhetik nicht in die Pokémonwelt passend. Das fängt bei den Startern an, geht über die Midgame-Pokémon weiter und auch bei den Legendären kommt nicht wirklich ein Pokémon-Feeling, sondern eher ein „Schlecht nachgemacht“-Feeling. Und auch, wenn manche dieser Pokémon kompetitiv im Gameplay nützlich sind, so fehlt ihnen das besondere Extra. Und davon gibt es einfach zu viele. Wenn ich nachzähle, komme ich bei großzügiger Bewertung auf ca. 50 bis 55 Pokémon, die mir gefallen. Aber hätte ich ein Karadonis vor dem Release als eventuell geleakten Spoiler vor ab gesehen, dann hätte ich es als Fälschung eingestuft. Und das ist nur eins der vielen Beispiele. Natürlich sind ein schnelles Serpiroyal mit Umkehrung oder ein Wahlschal-Stalobor nicht zu unterschätzende Pokémon und viele kompetitive Spieler haben schonmal drauf zurückgegriffen. Aber für das volle Pokémonerlebnis müssen für mich auch Design und Namen gut funktionieren, und da verlieren beide.

Wie wird entwickelt in SW?

Und dann gibt es da noch die absurd hohen Level bei der Entwicklung. Die erste Top4 Herausforderung findet im 50er-Levelbereich statt (denkt dran, die Top4 sollen die 4 besten Trainer der Region sein). Von den 156 neuen Pokémon in Einall (und andere sind nicht erhältlich in SW) besitzen 27 Pokémon keine Entwicklung, knapp die Hälfte davon sind die legendären Pokémon der Generation. Die meisten Pokémon entwickeln sich also, ein Kernkonzept von Pokémon. Ich finde das ist ein fantastisches Verhältnis (wie gesagt, es gibt auch gute Aspekte in SW). Die Übrigen 130 Pokémon teilen sich auf in 55 Familien auf (als eine Familie wird hier der Zusammenschluss aller Pokémon bezeichnet, die per Evolution miteinander verbunden sind, z.B. bilden Serpifeu, Efoserp und Serpiroyal eine Familie). Um hier die Endstufe der Pokémon zu erreichen (und wenn ich gegen die besten Trainer der Region kämpfe, will ich auch die Endstufen benutzen), muss ich bei 4 Familien einen Tausch vollziehen, also alles halb so wild. Die Idee, bei Laukaps und Schnuthelm den Tauschpartner festzulegen, finde ich zwar nicht ganz so schön, aber es ist ein neues Konzept mit einer geschichtlichen Begründung dahinter, daher ist das eigentlich ziemlich cool. Ferner gibt es keine Familie, in denen ein Tausch mit einem bestimmten Item kombiniert werden muss (wie es z.B. bei Elevoltek der Fall ist). 9 Familien benötigen einen Evolutionsstein für die Endstufe. Klingt nach viel, ist aber auch noch vertretbar. Kurzer Vergleich zur 1. Generation: über die Entstehung der Zahlen hier sprechen wir noch im entsprechenden Artikel, aber es sei so viel gesagt, hier gibt es mit 54 entwickelbare Pokémonfamilien fast die gleiche Anzahl, aber 14 Familien benötigen einen Entwicklungsstein. Weitere zwei Pokémon brauchen ganz viel Liebe ❤️️.

Es bleiben 40 Pokémonfamilien, welche über das normale LevelUp eine Entwicklung bis zum Schluss durchführen, oder insgesamt 94 Pokémon, also noch rund 60% aller neuen Einall-Pokémon. In 6 von diesen Familien, nicht 6 Pokémon, sondern 6 Familien liegt das Entwicklungslevel jenseits der 50.

Klar, bei den Pseudolegendären wie Trikephalo und Ramoth kann man sowas ja noch erwarten, aber bei einem Grypheldis? In Kanto ist das nur Dragoran. Das heißt bei 15% aller Pokémonfamilien mit Levelentwicklung gehe ich ohne exzessives Grinding schonmal ohne finale Entwicklung ins Rennen gegen die Top4. Doch wir können die Skurilität noch weiter spinnen: Unsere Starter entwickeln sich auf Level 36 final, ein schöner Standard, der sich durchgesetzt hat und hier erhalten blieb. Dieses Level erreicht man in etwa bei der 6. Arena, also schon recht spät im Spiel, doch dazu später mehr. Die Anzahl der Pokémon, die sich später als der Starter final entwickeln, und somit tendenziell noch später als beim 6. Orden erhalten werden können, beläuft sich inklusive der bereits genannten 6 Familien auf insgesamt 21 Pokémonfamilien, mehr als die Hälfte also. Man läuft tatsächlich noch mit einem schwachen Tarnpinion umher, was sich erst dann entwickelt, nachdem die Starter bereits ausgewachsen sind. Weiter gibt es nur drei Familien, die bis Level 29 final entwickelt sind. Gerade die 20er-Level bis Level 29 sind dabei für die Pokémon, die sich nur einmal entwickeln und früh im Spiel erhältlich sind geeignete Levelgrenzen, die in Einall jedoch zu hoch angesetzt sind. Die restlichen Familien entwickeln sich final erst zwischen Level 30 und Level 36. Während also im allerersten Spiel in Kanto (ihr merkt, ein häufig benutzter Maßstab) mit Level 36 rund 80% aller Levelentwickler ausgewachsen sind, sind es in Einall gerade mal 47%.

Story und Levelkurve

Und auch in der Story finde ich die größten Makel in diesen Spielen. Die Overworld ist an Linearität nicht mehr zu überbieten. Alle Städte sind in einer Kette hintereinander gereiht, es gibt nicht mal eine kleine Abweichung von der Map, keine Überlegung, wo man jetzt vielleicht hin muss. Die Hälfte der Region ist nicht mal vor dem Postgame zu bereisen. Und wenn man das Postgame erreicht, ist die andere Hälfte von Einall, was ihre Ereignisse angeht ziemlich leer und kaum lohnenswert zu entdecken. Die Hauptstory ist eine nette Idee, ein Erfolgsrezept (Böse Organisation tut Böses in dem Glauben, eigentlich die Guten zu sein) seit der dritten Generation, jedoch hat die Legende um Wirklichkeit und Wunsch nur sehr wenig mit der Motivation des Teams zu tun, anders als in anderen Teilen.

Auch die Progression der Story ist einfach zu linear. Dies merkt man auch an der Levelkurve. Ein guter Indikator dafür ist die Betrachtung der Arenaleiter. Diese sind zunächst mal sowieso zu einfach gestrickt von ihrer Persönlichkeit, und setzten auch nur maximal drei Pokémon ein. Damit ist die Anzahl der Arenapokémon fast konstant unterhalb der durchschnittlichen Menge an eingesetzten Pokémon. Und auch die Level der Arenaleiter wächst nur sehr langsam. Dies ist notwendig, da zwischen den Arenen auch nicht viel passiert.

Die Durchschnittslevel zwischen den Arenen wachsen in SW ab Arena Nummer drei linear um exakt vier Level pro Arenaleiter. Es ist damit eine der schwächsten Levelkurven von allen Pokémonspielen.

Als Spieler merkt man dies z.B. daran, dass man seinen Starter ohne zusätzliches Grinden vermutlich erst so ab der 6. Arena voll entwickelt hat. In der 4. Generation beispielsweise (aber auch in den meisten anderen Generationen) passiert dies meist um Arena vier herum. Dies in Kombination mit den eher hohen Levelentwicklungen bieten einfach eine nicht angenehme Spielatmosphäre. Es fühlt sich an, als ob sich das Training nicht lohnt, da die Level zu hoch angesetzt sind und die Story dafür zu schnell voranschreitet. Zu guter Letzt wird dies mit dem EP-System in SW unterstützt, welches ein Grinden zur Qual macht. Dies wurde zum Glück schnell in den folgenden Spielen ausgemerzt.

Jetzt mal was positives...

Nichts desto trotz ist SW ein gutes Spiel. Nach dem ganzen negativen sollen auch einige positive Aspekte hervorgehoben werden, die mit SW kamen. So die Einführung dauerhafter Animationen in den Sprites während der Kämpfe. Dies hat für mich das Spiel insgesamt etwas dynamischer und lebendiger gemacht. Auch die versteckte Fähigkeiten waren eine schöne Ergänzung, so haben sie das kompetitive Spiel deutlich aufgemischt und abwechslungsreicher gemacht. Auch wenn zunächst die Möglichkeiten, Pokémon mit VFs zu erhalten eher schwierig war, so muss man doch bedenken, dass es die erste Generation war, die dieses Prinzip einführte. Die Ausbesserung war daher die Aufgabe der nächsten Generationen und ist daher zu verzeihen. Ebenfalls gab es erweiterte und vertiefende Verbindungsmöglichkeiten mit dem Internet, welche für damalige Verhältnisse für ein DS-Spiel ziemlich gut umgesetzt worden sind. Natürlich lassen sie sich nicht mehr mit heutigen Standards vergleichen, aber damals war es eine starke Verbesserung der Möglichkeiten, die in der 4. Generation kamen. All diese Aspekte können meines Erachtens jedoch nicht die oben beschriebenen Probleme aufwiegen. Daher ist SW zwar ein gutes Spiel, aber im Vergleich zu anderen Pokémon-Spielen mein am wenigsten geliebtes.

DR. BARTHOLOMEUS KRESSENSTEIN

Präsident der Noris-Liga, wird Euch ab sofort in einer regelmäßigen Kolumne mit seinem analytisch aufbereiteten Fachwissen zur Seite stehen und Euch so einen etwas anderen Einblick in die Welt der Pokémon, in verschiedensten Themenbereichen, gewähren.

Den Anfang macht die Artikelreihe “Dr. Kressensteins Rankings”.