Dr. Kressensteins Ranking: Platz 10

 Dr. Kressensteins Ranking: Platz 10

Willkommen zurück zu Dr. Kressensteins Ranking zu den Main-Games. Letztes Mal habe ich euch meine Meinung zu den Let’s Go Spielen unter die Nase gerieben, heute möchte ich dies mit meinem Platz 10 machen. Dabei werde ich wie gewohnt mir einzelne Fakten rausnehmen, die mir ins Auge stechen, präsentieren und meine Meinung kundtun. Und auch wenn ich mich bemühe, möglichst viel zu beleuchten, kann ich nicht alles erwähnen, so viel Zeit hab ich gar nicht. Das Geschäft führt sich schließlich nicht von selbst. Nach welchen Kriterien ich die einzelnen Spiele unterscheide und welches Game einen eigenen Platz bekommt und welche zusammengefasst werden, könnt ihr hier nocheinmal nachlesen. Dabei möchte ich noch einmal daran erinnern, dass es hier um eine persönliche Meinung geht. Auch wenn ich versuche, sie mit Fakten (und Bauchgefühl) darzulegen, hat jeder das Recht, diese Fakten anders zu gewichten und eine andere Meinung zu haben. Und nun los:

Platz 10: Schwert und Schild (SwSd)

Platz 10 belegen die neusten Spiele, welche die Main-Games erstmalig auf die Switch bringen: Pokémon Schwert und Pokémon Schild. Mit knapp über 20 Millionen verkaufen Exemplaren, gemessen Anfang 2021, liegen sie damit auf Platz 3 der meist verkauften Editionen, nach Rot/Blau/Grün und Gold/Silber.

Zahlen, Daten, Fakten

Zunächst einmal ein paar Zahlen und Fakten. Schwert und Schild bringt uns insgesamt 89 neue Pokémon, davon zehn Legendäre, ein mysteriöses und 78 normale Pokémon. Diese Gesamtmenge ist dabei mit Alola zu vergleichen und eine angenehm große Zahl. Jedoch sind deutlich weniger legendäre Pokémon dabei, was ich persönlich begrüße. Die 78 normalen Pokémon verteilen sich in 53 Familien, auch ähnlich wie in Alola. Da waren es 54. Jedoch ist mit 21 (in Alola 30) die Anzahl der Familien, die nur aus einem Pokémon bestehen, also keine Entwicklung besitzen, signifikant niedriger. Es gilt also mehr zu entwickeln.

Eine positive Entwicklung in meinen Augen. Neben neu eingeführten, exotischen Entwicklungsmethoden, die jedoch nicht überhand nehmen, werden 80% aller Entwicklungen durch das Aufleveln der Pokémon ausgelöst, und ein überwältigender Teil der Pokémon erreicht bis Level 36 seine Endstufe.

Dies sind durchaus positive Zahlen und gehen gut einher mit der Levelkurve. Diese ist tatsächlich im oberen drittel und ist im Schnitt deutlich über der von Sinnoh, einer Levelkurve im guten Mittelfeld. Besonders fallen dabei die Arenaleiter Nummer eins und acht heraus. Yarro ist mit großem Abstand der Arenaleiter mit dem ersten Orden, der den höchsten Level hat.

Dies lässt sich vor allem an der Naturzone erklären, welche vor der ersten Arena bereits betretbar ist und eine große Verweildauer und Levelzeit ermöglicht. Ein wenig enttäuschend dagegen ist Roy. Als Doppelkampfarena bricht er mit alten Richtlinien und bringt als Sandsturmstratege neuen Pepp in die sonst monotone Landschaft. Dies fällt jedoch etwas flach durch den starken Abfall der Level seiner Pokémon. Und auch, dass er als Drachentrainer nur 50% Drachen einsetzt ist ein harter Bruch.

Im Übrigen fahren die Arenen durchaus weitere positive Aspekte auf: Storybedingter Wechsel der Leiter, versionsabhängige Leiter, welche alle samt überdurchschnittlich viele Pokémon in den Kampf schicken verglichen zu den Leitern anderer Regionen sowie eine lang erwartete Unlichtarena.

Jeder setzt genug Pokémon ein

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die durchschnittlichen Anzahl an Pokémon, die jeder Trainer bei sich hat. Bisher hatte ungeschlagen den höchsten Wert die erste Generation RBG mit 2.5. Erstmalig konnte Schwert und Schild diesen Wert mit 2.6 Pokémon pro Trainer schlagen.

Der Fairness halber muss man aber auch sagen, dass in diesen Zahlenwert auch alle optionalen Trainer aus allen Tunieren, welche alle samt nahezu volle Teams besitzen mit hineingerechnet werden. Und das sind nicht gerade wenige.

Doch auch wenn man diese Trainer herausrechnet, sinkt der Wert von SwSd gerade mal auf 2.4 ab, und ist damit immer noch einer der höchsten Werte im gesamten Franchise.

Dies alles wird geschmückt mit einigen neuen, interessanten Typenkombinationen und schön erdachten Regionalformen für Galar. Auch die neuen Fossilienpokémon bilden ein interessantes Konzept. Wieso erscheint Schwert und Schild also nur auf Platz 10?

Warum nur Platz 10?

Zum einen sind es wieder einmal die Pokémondesigns. Natürlich sind die Fossilien bewusst so gestaltet, dass sie sehr patchwork-maßig aussehen, das ist das Konzept. Und es gibt auch einige wirklich gut durchdachte Gestaltungen. Die Menge der Pokémon, die mir aber optisch nicht sonderlich zusagen, ist wieder einmal zu hoch.

Obendrein stört mich eine extrem stark vorgegebene Linearität außerhalb der Naturzone. Während innerhalb dieser die Map schöne open-world Elemente beherbergt, wirkt es in den Städten und Routen schon fast krampfhaft monoton. Auch die Story und die Rätsel sind teilweise so vorhersehbar, dass der Schwierigkeitsgrad trotz oben beschriebener Zahlen stark gedrückt wird. Obendrauf fühlt sich das Spiel insgesamt sehr klein und leer an. Erst nach dem DLC bemerkt man ein volles, gefülltes Spiel, welches aber dann noch einmal erkauft werden muss. Sollte ein DLC nicht noch ein Extra auf ein volles Spiel sein, und nicht nur die Ergänzung zu einem Ganzen?

Schon klar, wir leben in einer Zeit, in der dies zur Normalität wird, und DLCs leider unumgänglich sind. Es bereitet einem trotzdem ein mulmiges Gefühl. Unterstützt wird dies bei SwSd nochmal dadurch, dass auch die anderen Onlinefunktionen eher schlecht als funktional sind. Oft funktioniert das Neuladen nicht, und gerade, wenn man mit Freunden und nicht anonymen Personen online spielen will, wird einem dies erschwert. Schade.

Dynamax und Gigadynamax

Stark negativ ist auch die neue Dynamax-Mechanik zu bewerten. Bereits in Generation 7 wurde bemängelt, dass der Fokus von der grade neu eingeführten Mega-Entwicklung weggenommen wurde und statt diese weiterzuentwickeln wurde eine andere, leicht unausgereifte Mechanik eingeführt. Aber anstatt daraus zu lernen, wird in Generation 8 dieser Fehler nicht nur wiederholt, nein, er wird verschlimmert. Weder Mega-Entwicklung noch Z-Attacken sind mehr verfügbar, stattdessen wird erneut eine Mechanik implementiert, die diesmal so überpowert und unausgeglichen ist, dass hochrenomierte Ligen wie Smogon sie komplett bannen. Und anstelle der Dynamaximierung wenigstens die Möglichkeit zu geben, ordentlich mit den neuen Pokémon in Verbindung zu bringen, wird sie genutzt, um Fanservice für Glurak, Pikachu und Evoli zu betreiben…

Zwei weitere wichtige Kupfanti, die noch im Raum stehen und von der Community stark diskutiert werden sind die fehlende Top4 und die Beschränkung aller Pokémon. Zu ersterem kann gesagt werden, dass es streng genommen schon sowas wie eine Top4 gibt. Vier Kämpfe, die in einer Liga durchgeführt werden, bevor man den Champ herausfordern darf, sind durchaus vorhanden und je nach persönlichem Gameplay zwischen machbar und minimal anspruchsvoll (außer, man missbraucht die ganzen EP-Bonbons). Storytechnisch ist es aber schon sehr schade, dass diese Kämpfe nicht gerade besonders herausragende neue Trainer beinhalten, sondern erneut die Arenaleiter, welche man schon mal besiegt hat. Besiegte Arenaleiter als Top4 nochmal herauszufordern ist etwas repetitiv. Schon klar, es werden neue Ansätze ausprobiert, aber hier wurde eher an weiterem Charakterdesign gespart.

Nur 400 Pokémon? Naja, Fast...

Zum Thema der Pokémonmenge… Ja natürlich ist es Schade, dass nicht alle Pokémon vorhanden sind. Und natürlich ist es besonders hart, wenn das persönliche Lieblingspokémon auch nach den DLCs immer noch nicht verfügbar ist (RIP Plinfa). Den Vorwurf, dadurch die kompetitive Szene zu zerstören, kann ich jedoch beim besten Willen nicht nachvollziehen.

Dies hört sich eher für mich nach einem Gejammer an, dass man jetzt seine 0815-Pokémon, die jeder zweite seit 10 Jahren verwendet, nicht mehr von früheren Generationen hochladen kann, sondern dazu gezwungen wird, sich mit den neuen Pokémon und dem neuen Metagame auseinanderzusetzen. Klar ändert sich das Spiel dadurch. Aber es wurden immer zu jeder neuen Generation bestimmte Ecken gebuffed oder generved. Und bei mittlerweile fast 900 Pokémon ist es auch mal in Ordnung, eine gewisse Auswahl zu haben. Zumal nach den DLCs ja deutlich mehr als die Hälfte aller Pokémon wieder zur Verfügung stehen. Und einige, welche noch nicht verfügbar sind, finden sich im Sinnoh-Dex wieder. Sollte also zu den angekündigten Remakes der 4. Generation eine Kompatibilität existieren, wovon ich stark ausgehe, werden hier nochmal einige beliebte Mons hinzukommen.

Mein Fazit:

Was lässt sich also zu Pokémon Schild und Pokémon Schwert zusammenfassend sagen? Insgesamt ein solides Spiel, welches versucht, einige Baustellen der letzten Generationen aufzubessern, andere Baustellen hingegen noch größer macht. Der open-World Anteil ist nett, aber verglichen zu dem, was 2019 schon gängig war, eher unausgereift. Nicht desto trotz erhält man die Hoffnung, dass nach einigen Tiefs die Spiele in Zukunft wieder besser werden.

DR. BARTHOLOMEUS KRESSENSTEIN

Präsident der Noris-Liga, wird Euch ab sofort in einer regelmäßigen Kolumne mit seinem analytisch aufbereiteten Fachwissen zur Seite stehen und Euch so einen etwas anderen Einblick in die Welt der Pokémon, in verschiedensten Themenbereichen, gewähren.

Den Anfang macht die Artikelreihe “Dr. Kressensteins Rankings”.